Von körperlicher Materialität und eigensinnigen Körpern: Eine Untersuchung anhand Neuer Materialismen und menstruierenden Körpern

Die Debatten der Sozial- und Geisteswissenschaften der letzten zwei Jahrzehnte zeichnen sich in besonderer Weise durch ein Neudenken von Materialität und Körpern aus. Davon zeugen etwa die sich etablierenden Neuen Materialismen, die zwar höchst heterogene (Theorie-) Perspektiven unter sich vereinen, sich allerdings durch die gemeinsame Bemühung auszeichnen, Materie nicht länger als passiv und verfügbar, sondern aktiv und eigensinnig zu denken. Damit knüpfen Neue Materialismen an die feministische Kritik einer androzentrischen Wissenschaft und Weltbild an, die in dualistischen Logiken gefangen bleibt und darin einen passiven Körper einem aktiven Geist gegenüberstellt und gleichwohl unterwirft.

Die neomaterialistisch-feministischen Konzeptualisierungen von Materialität werden in diesem Dissertationsprojekt zum Ausgangspunkt genommen, um Verständnisse von körperlicher Materialität, die stets gesellschaftliche Natur- und Geschlechterverhältnisse (mit-)artikulieren, kritisch in den Blick zu nehmen. Mit und vor dem Hintergrund einer gegenwärtigen gesellschaftlichen Dominanz von affirmativer Körperbezugnahme wird die neomaterialistische Bemühung analysiert, (körperliche) Materialität jenseits von Narrativen der Passivität und folglich der Unterwerfung, also als eigensinnig zu denken. Um einen Dialog zwischen neomaterialistischen und gesellschaftlichen Verständnissen körperlichen Eigensinns zu ermöglichen, werden in diesem Dissertationsprojekt Schauplätze in den Blick genommen, auf denen die Verhandlung körperlicher Materialität im Sinne einer neomaterialistischen Herausforderung von Passivität sichtbar wird. Wie wird dabei (körperliche) Materialität als eigensinnig gedacht und welche Konsequenzen hat dies für das Verständnis von (vergeschlechtlichter) Körperlichkeit?

Dieses Dissertationsprojekt verfolgt das Ziel, Neue Materialismen über die akademisch-theoretische Wissensproduktion hinaus mit sozialen Phänomenen affirmativer Bezugnahme auf den Körper in Bezug zu setzen, um gegenwärtigen Verständnissen materiellen und körperlichen Eigensinns nachzugehen. Als Schauplatz affirmativer Bezugnahme auf den Körper, an dem die Wirkmächtigkeit und der Eigensinn (körperlicher) Materialität gezielt verhandelt wird, dient exemplarisch die Menstruationspraktik des «Free Bleedings». Über die feministisch-kritische Analyse körperlichen Eigensinns und damit einhergehender vergeschlechtlichter Naturverhältnissen hinaus werden so auch die Verflechtung von Wissensproduktion(en) in den Blick genommen.

Supervisor: Prof. Dr. Marion Schulze

Co-Supervisor: to be determined

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Jasmin Schmidlin
Zentrum Gender Studies
Rheinsprung 21
4051 Basel

jasmin.schmidlin@clutterunibas.ch