In der Promotion Verwendung von Freud, Aspekte zu Weiblichkeit, Homosexualität, Kolonialismus und Heredität in der klassischen Psychoanalyse ordne ich spezifische Texte von Sigmund Freud zugunsten einer kritischen und differenzierten Neuinterpretation an. Die Theoriearbeit setzt sich mit dem umstrittenen und ungeklärten Status der psychoanalytischen Klassik in feministischen, queeren und postkolonialen Studien auseinander. Die Berufung auf den unkommentierten Originaltext Freuds ist Basis für den Versuch die Psychoanalyse differenziert und wissenshistorisch einzuordnen.

Methodisch werden außerdem zeitgenössische Freudkritiken, die mitunter auf ähnliche Weise wiederholte Verdikte verhängen, mit Formulierungen Freuds abgeglichen. Anhand einer genauen Betrachtung wird beurteilt inwieweit Freuds Status als homophober oder antisemitischer Rassist mindestens berechtigt ist oder inwiefern diese Kritiken nicht vielmehr auf verkürzenden Fehllektüren beruhen.

Verwendung von Freud versucht zu zeigen, dass angesichts seiner paradoxen rhetorischen Strategien die Gleichsetzung des Textes mit männlich-heterosexuellen und weiß-suprematistischen Herrschaftsdiskursen aufgelöst und diese Bewertung bei genauerer Lektüre auf den Kopf gestellt werden muss.

In meiner Arbeit wird außerdem deutlich, dass die feministische Theorietradition, welche auf den „Weiblichkeitsstreit“ der 1920er Jahre zurück geht, in der etablierten Psychoanalyse nicht ausreichend gewürdigt worden ist. Diese Tradition hat sich seither zum Ziel gesetzt die durchweg problematischen und (pseudo)analytischen Setzungen Freuds zur sexuellen Differenz grundlegend zu überwinden.

Betreuerinnen:
Prof. Dr. Andrea Maihofer
Prof. Dr. Gabriele Dietze
Dr. Andrea Zimmermann

Thiemo Strutzenberger studierte Gender Studies an der Universität Wien und ist Teil des Graduiertenkollegs Gender Studies der Universität Basel. Er ist ausgebildeter Schauspieler und arbeitet als Dramatiker und Regisseur.

Das Copyright des Fotos liegt bei Stefan Klüter.